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Was der Kaiserschnitt noch mit mir macht

Neulich sprach ich mit einer Freundin über die Geburt des Sternguckers und merkte beim Sprechen, wie mir noch immer die Tränen kamen. Ich denke selten an die Geburt, ich bin dankbar, wie nun alles ist, wir sind gesund, heil und glücklich. Doch offensichtlich ist nicht alles heil. Denn unser Körper hat ein Zellgedächtnis. Ein Unterbewusstsein. Er merkt sich Dinge, die waren. Und dann kommen sie hoch, in Momenten, wo wir nicht damit rechnen. Wie eben im Gespräch mit der Freundin, wo der Gedanke an die ersten Tage mit dem Sterngucker mich überwältigten. Wie unser Start war und wie wir nicht wissen, was das mit uns gemacht hat. Es ist nicht die Narbe, die meinen Bauch ziert. Sie ist kaum mehr sichtbar, wohl aber noch spürbar. Es ist was anderes, nicht greifbares, was sich gerade nach fast 4 Jahren jetzt, wieder den Weg noch oben wühlt. Ich merke das. Wenn ich über meine Sternguckergeburt spreche. Ich wollte ihn gern zu Hause zur Welt bringen. Es lässt sich nicht umkehren. Ich habe auch Frieden damit geschlossen. Dennoch konnte ich nicht umhin, auch neulich im Kindergarten beim Elterngespräch zu weinen, als mir durch ein Gespräch Bilder der ersten Tage in den Kopf schossen. Wie sehr so ein Schnitt unsere innere Ordnung durcheinander bringen kann. Wie nachhaltig.

Brita und ein Seminar in Berlin
Ich schreibe das heute, weil ich gerade ein Seminar in Berlin entdeckt habe von einer Frau, die ich nie in echt getroffen habe, zu der ich aber schon seit meiner Freiburger Zeit einen losen und sehr interessanten Kontakt habe. Brita gab damals einen Workshop für Gewaltfreie Kommunikation in Freiburg, an dem ich gern teilnehmen wollte. Aus diversen Gründen war es mir aber mit alleinerziehend (der Mann lebte noch nicht mit uns zusammen) mit zwei Kindern nicht möglich. Schade, aber vielleicht ergibt sich mal wieder die Gelegenheit.
Ich zog aus Freiburg weg nach Bayern und bekam den Sterngucker. In den letzten Tagen meiner Hebammenbetreuung sagte meine Hebamme, sie wüsste jemanden, der gut zu mir passen würde, wo sie gern einen Kontakt herstellen würde, weil wir beide kleine Babys haben und sie sich vorstellen könnte, daß wir uns verstehen. Sie vermittelte mir den Kontakt zu Brita. Ich suchte in meinem Kopf nach dem Bekannten, nach der Verbindung und fand sie. Brita war von Freiburg auch hierher gezogen. Ich kontaktierte sie und wir tauschten ein paar Zeilen aus, es kam jedoch leider nie zu einem Treffen, weil Brita schon weiterzog. Aber ist es nicht verrückt? Wie einem Menschen manchmal geschickt werden?

Wenn du also in Berlin lebst und eine Kaiserschnitterfahrung gemacht hast, dann ist vielleicht der Workshop richtig für dich:

19.-21.02.2016 Den Kaiserschnitt zum Anlass nehmen…

 

Meine früheren Gedanken zum Thema Kaiserschnitt kannst du hier nachlesen:

7 Kommentare

  • Jela

    Auch.meine dritte Geburt sollte eine Hausgeburt werden und ist dann mit Kaiserschnitt geendet. Das war vor mehr als fünf Jahren. Auch ich schaffe es nicht, darüber zu sprechen, ohne zu weinen. Die Angst um dieses Kind, das aussah wie tot, die schrecklich unpersönliche OP-Situation, diese Kälte, kein Kuscheln danach, das Betteln, zu ihm zu dürfen, die Ungewissheit, ob und was das mit uns gemacht hat, die spürbar anders gewachsene Liebe, die Zweifel, ob das alles wirklich nötig war oder ob da finanzielle Motive eine zu große Rolle gespielt haben… Aber jetzt ist es so. Und dazu gehören wohl auch immer die Tränen… Liebe Grüße. Jela

  • Bärbel

    Meine beiden Kinder jetzt 27 und 22 Jahre alt sind beide per Kaiserschnitt gekommen. Jedesmal eine Notsituation, sonst hätten wir das nicht überlebt. Meine Tochter habe ich auch erst nach 12 Tagen das erste mal gesehen. Mir kommen immer noch die Tränen wenn ich daran zurückdenke. Ich bin aber auch froh, das es so eine Rettungsmethode für uns gab. Habe erst letztens im Netz aus Zufall ein Video einer Hausgeburt mit Kerzen und Wasserbecken und Musik und helfendem Mann gesehen und mir kamen die Tränen. Mit der Tochter (1.Kind) habe ich vor ein paar Jahren eine schöne Aussprache (RITUAL) gehabt und wir sind uns sehr nah, sie hatte ich ja auch erst nach 12 Tagen im Arm. Den Sohn hatte ich gleich, da ist das Verhältnis schon immer sehr nah. Ändern kann man es nicht und wie schon meine Vorgängerin im 1.Kommentar schrieb gehören die Tränene wohl dazu…. Liebe Grüße Bärbel

  • Steffi

    Es ist so gut und notwendig, dass es diese Seminare gibt. Würde ich nicht so weit wege wohnen, dann wäre ich gerne mit dabei. Ein Kaiserschnitt ist eben keine “normale” OP. Auch mein drittes Kind mußte per Kaiserschnitt geholt werden, weil es unter der Geburt zu gefährlichen Komplikationen kam. Ich bin dankbar, dass es diese schnelle Rettung für uns beide gab. Aber es ist (immmer noch) schwierig, die überstandene Gefahr und den Eingriff seelisch zu verarbeiten….
    Danke, dass Du auch über solche Themen schreibst. Es betrifft so viele Mütter, und nur wenige Außenstehende können sich in deren Situation versetzen.
    Liebe Grüße,
    Steffi

  • Kathrin

    Bei mir war es kein Kaiserschnitt, sondern der ganz schrecklich Beginn unserer Stillbeziehung. Beim ersten Kind hatte ich alle Probleme, die es geben konnte. Die Zeit im Krankenhaus war furchtbar, danach dann die Sorge “zufüttern” zu müssen.
    Schlimm. Insgesamt hab ich ihn dann 5 Monate voll gestillt und 12 teilweise.
    Beim zweiten Kind kamen mir die Tränen, wenn ich ans erneute Stillen dachte. Hier dann eine direkt gute Stillbeziehung.
    Und beim dritten Kind dann wieder Tränen und Angst vorm Stillen. Und auch hier keine Probleme.

    Wenn ich jetzt darüber schreibe, kommen direkt die Tränen – da muss ich wohl auch noch mal etwas durcharbeiten.
    Lieben Gruß
    Kathrin

  • Frauke

    Auch mir geht der – für die Tochter und mich absolut lebensrettende – Kaiserschnitt nach nun fast drei Jahren immer noch nach. Je nach Situation mal weniger und mal mehr. Ich habe dank der Vermittlung meiner Hebamme fast anderthalb Jahre mit einer Psychologin gearbeitet und auch einige Termine bei der Craniosakraltherapeutin gehabt.
    Ein wirklich gutes, verständnisvolles Buch fand ich “Es ist vorbei – ich weiß es nur noch nicht” von Tanja Sahib. Wenn mir danach ist, schaue ich heute manchmal noch hinein.
    Liebe Grüße, Frauke

  • Mom

    Ich schicke voraus, dass ich nie einen Kaiserschnitt hatte, die oben beschriebenen Erfahrungen auf keinen Fall relativieren möchte, aberm ich einfach die Sicht von Betroffenen interessiert.
    Es ist so: mein Mann hat beruflich viel in Brasilien zu tun, und dort ist ab der Mittelschicht der geplante Kaiserschnitt DIE Methode der Wahl. Fast jede hat einen, und die finden das auch anscheinend ziemlich normal und nicht traumatisch.
    Hier sieht das ja ganz anders aus, das Ideal ist die “natürliche Spontangeburt”. Ich kann mir nicht ganz erklären, warum für viele Betroffene in Deutschland ein Kaiserschnitt als sehr verstörend erlebt wird, in Brasilien jedoch als total normal und okay. Liegt es an der unterschiedlichen Erwartungshaltung, einer Art Überbewertung der Bedeutung der Geburt (es soll ein sinnstiftendes, schönes, intensives “natürliches Geburtserlebnis” sein, dann ist die Geburt “gut”)? Ist es der Druck der Müttermafia (“Wie, du hast nicht…?”), der Kaiserschnittmütter runterzieht? Oder ist der Knackpunkt der ungeplante vs. dem geplanten Kaiserschnitt?
    Mich würde Eure Meinung wirklich sehr interessieren.
    Ich selbst hatte übrigens 2 natürliche Geburten, die zweite davon extrem schnell und scheußlich schmerzhaft, von einem “schönen Geburtserlebnis” kann keine Rede sein, aber eigentlich war’s mir auch egal, für mich war die Geburt nur der Weg zum Ziel: Kind da.

  • Chris

    Moms Gedanken hatte ich auch, nicht wegen Kentnisse über Geburten in Brasilien sondern aus eigener Erfahrung. Mein Sohn wurde vor sieben Jahren per Kaiserschnitt geboren. Es war nicht geplant. Ob dies nötig war, kann ich kaum beurteilen, es war zumindest keine Notsitutaion. Einen Tag nach dem Kaiserschnitt wurde mein Sohn wegen akuter Atemprobleme in ein Kinderkrankenhaus der Nachbarstadt verlegt. Mit der Kaiserschnittnarbe konnte ich ihn nicht begleiten und es hat drei Tage gedauert, bis ich ihn besuchen konnte und 14 Tage bis wir ihn mit nach hause nehmen konnten. Mein Mann war aber die ersten Tage bei ihm, ab dem 7. Tag ich. Wir haben uns große Sorgen gemacht, einerseits weil wir seine Erkrnakung nicht einschätzen konnten, aber andererseits auch, was die fehlende Nähe / das fehlende Bonding mit ihm und auch mit uns machte. In der Rückschau war der Kaiserschnitt an sich für mich nie ein Thema, nie traumatisch. Es war kein großartiges Geburtserlebnis, aber ok. Die Verlegung meines Sohnes in die Kinderklinik war durchaus traumatisch. Es hat ca. ein Jahr gedauert, bis ich davon ohne Tränen erzählen konnte. Heute ist alles in Ordnung. Unser Sohn ist ein fröhliches, aufgewecktes Kerlchen ohne besondere Baustellen, die aus dem Geburtserlebnis resultieren könnten.

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