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Schule :: Einige Gedanken

Zum Ordnen und Sortieren diesen Monat gehört auch das Ordnen und Sortieren der Gedanken. Abwägen, Prüfen, auf den Bauch hören, Gespräche führen, Entscheiden. So geht es uns gerade mit den Aufnahmeverfahren der verschiedenen möglichen Schulen für den Wolf. Ich werde nicht drauf eingehen, warum wir diese oder jene Entscheidung getroffen haben, auch keine Besonderheiten oder pädagogischen Konzepte vorstellen. Dies ist unser Weg und er passt für uns, wie er ist. Die Entscheidungen sind Teil langer Auseinandersetzungen und erlebter Erfarhungen mit dem Thema Schule. Andere Wege sind für andere Familien genau so gut.

Die Zeit der Aufnahmeverfahren
Der Wolf wird diesen September eingeschult. An den diversen Schulen laufen derzeit also die Aufnahmeverfahren mit all ihren Prozessen unterschiedlicher Art. Tag der offenen Tür, Anmeldeformulare, Gespräche, Schultage. Es werden Konzepte vorgestellt, sich präsentiert und geworben. Als Eltern können wir aus einem mehr oder minder großen Angebot wählen. Diese Wahlfreiheit bringt aber auch mit sich, daß man sich den Kopf zermartert, um den möglichst besten Weg für sein Kind zu wählen. Wohlwissend, daß es den idealen Weg nicht gibt. Ideal wäre für mich, wenn der Wolf einfach in der Kindergartensituation weiterwachsen könnte. Das tut ihm gut, das tut uns gut. Aber darauf ist das natürlich nicht ausgelegt, das ist so nicht vorgesehen. Wir sind sehr glücklich mit unserem Kindergarten. Mit Konzept und Umsetzung, den Pädagogen. Alles ist rund. Wir Eltern werden mitgenommen, wachsen und werden begleitet genau wie die Kinder.

Kristina hat zum Thema Schule neulich eine Frage gestellt, auf die ich gleich mit eingehen möchte.

“…schreib doch mal etwas zur Entscheidung zu alternativen Schulformen und wie ihr zu einer für Euch stimmigen Entscheidung gekommen seid…Wir haben entschieden und auch den Gastantrag bewilligt bekommen für eine demokratische Modellschule (ist aber eine reguläre Dorf-Grundschule), schwierig finde ich aber weiterhin den Sonderstatus und die Trennung von den anderen Vorschul-Freundinnen…Erfahrungen dazu würden mich sehr interessieren!”

Schullaufbahn
Die Tochter begann ihre Schullaufbahn an der Neuen Schule Hamburg, eine demokratische Schule/ Sudbury Schule, die damals grad neu gegründet wurde. Ich bin nach wie vor überzeugt von dem Konzept. Auch in Freiburg existiert eine solche demokratische Schule schon seit Jahren erfolgreich – die Kapriole. Ich kenne selbst einige zufriedene Eltern da (*winkewinke*)
Unsere Familiensituation damals ergab, daß wir umzogen und ein Schulwechsel bevorstand. Aus dem reichhaltigen Schulangebot um und in Freiburg entschieden wir uns für die Freie Schule Dreisamtal in Kirchzarten bei Freiburg. Die Dreisamtalschule orientiert sich an der Montessoripädagogik, ist aber keine reine Montessorischule.
Durch unseren Zusammenzug als Familie in Bayern kam es zu einem erneuten Schulwechsel für die Tochter. Die Entscheidung ist mir sehr schwer gefallen. Ich habe lange, schmerzhafte Prozesse damit hinter mir. Aber es war gut wie es ist für uns alle. Sie besucht jetzt eine Montessorischule. Sie hat Freunde in der Schule, aber auch in der Nachbarschaft und anderen Schulen. Freundschaften ausserhalb von anderen Schulen machen spontane Verabredungen zwar schwieriger (wenn die Freundinnen nicht gerade Nachbarinnen sind), helfen aber gleichzeitig auch einem Blick über den Tellerrand. Die Freundinnen besuchen sich gegenseitig zu Schulverantaltungen, bekommen mit, was die anderen tun und tauschen sich aus. Sie hat jedoch keinen intensiven Kontakt zu Schülern einer Regelschule, muss ich gerade feststellen.

Entscheidungsprozesse und persönliches Wachstum
Der Entscheidungsprozess bei dem Schulwerdegang der Tochter war sehr eng mit unserer eigenen Entwicklung als Familie und meiner Auseinandersetzung mit dem Thema Bildung, Bildungssystem und Erziehung verbunden. Da ist bei mir unglaublich viel passiert. Wie ich Schule selbst erlebt habt, welche Erwartungen es gibt und wie ich mein Kind sehe und begleite. Ich habe viele Eltern kennengelernt und damit viele Ansichten und Vorstellung, was Schule können muss oder wofür Schule gut ist. Ich bin auch noch nicht fertig mit meiner Reise auf diesem Weg. Jede dieser Entscheidungen war wichtig für den nächsten Schritt. Manchmal wünschte ich, ich würde weniger über die Dinge nachdenken. Einfach mehr machen, was jedeR macht. Dann täte ich mich nicht so scher mit Entscheidungen und hätte ein beschaulicheres Leben. Oder eben nicht. Dann kämen die Herausforderungen und Chancen auf Wachstum an anderer Stelle. Es ist wie es ist.

Aber ich schweife ab. Nun stehen wir also vor der neuerlichen Entscheidung, ein Kind einzuschulen. Ich könnte einfach aus Bequemlichkeit sagen, der Wolf geht an die gleiche Schule wie die Tochter. Nun ist der Wolf aber ein anderes Kind mit anderen Bedürfnissen. Dinge haben sich verändert, Entwicklungen sind zu beobachten. Wir überlegen also neu. Montessori? Waldorf? Regelschule? (andere Optionen stehen nicht zur Auswahl. Wir vergleichen auch nicht die Konzepte miteinandern, sondern die Schulen & wie es gelebt und umgesetzt wird) Die Entscheidung ist nicht einfach, denn ideal ist keine. Wissen wir. Wirds nie geben. Eine Entscheidung treffen wir aus der Frage: Was wünschen wir uns bzw wo sehen wir unser Kind. Ob die Entscheidung stimmig ist, das wird sich erst in der Praxis zeigen. Wir führen viele Gespräche, stellen Fragen, wägen ab. Meinen Bauch höre ich schon lange nicht mehr, so sehr hab ich alles zerdacht. Ich bin froh, wenn der März vorüber ist und wir unsere Entscheidung getroffen haben. Und dann wird es auch gut sein, wie es ist.

Aussenseiter oder friedliches Nebeneinander?
Um noch kurz auf Kristinas Frage zurückzukommen: Ja, die Trennung von anderen Vorschulfreunden ist hier auch ein Thema. Da aber alle einen anderen Weg gehen werden und wir einen großen Einzugskreis haben, ist das für mich keine vordergründige Frage. Er wird neue Freunde kennenlernen. Ausserdem hat er auch Freunde direkt bei uns im Ort. Die gehen auf andere Schulen und treffen sich trotzdem nachmittags zum Spielen. Insofern besteht hier auch nicht die Aussenseiter-Problematik, da ich das Gefühl habe, daß die Schulformen friedlich nebeneinander bestehen können und gleichwertig anerkannt sind. Vielleicht lebe ich aber auch in einer Blase, die ich mir schönrede :-)

Abschliessend möchte ich kurz noch anmerken: Auch wenn hier und da auf politischer Ebene eine Reform des Bildungssystems notwenig wäre, bin ich sehr dankbar, daß wir die Möglichkeit einer Wahl haben und diesen Weg so gehen dürfen. Daß Bildung für uns möglich ist und daß es so viele bemühte Pädagogen gibt. Ich weiß das sehr zu schätzen.

6 Kommentare

  • percanta

    Hallo,
    ich werde mein (erstes) Kind auf der Regelschule im Einzugsgebiet einschulen, also gar keine Sonderregelung. Dennoch steht er damit allein da – sorum geht es auch. Er geht nämlich in einen Kindergarten in einem weit entfernten Stadtteil (erst wohnten wir dort, dann hatte sich diese Einrichtung so wunderbar bewährt, dass wir ihn dort gelassen haben, trotz der weiten Wege), und er ist dort als evangelisches Kind in einer katholischen Kita. Das heißt, dass alle seine KitafreundInnen, die auf Regelschulen gehen werden, in anderen Einzugsgebieten eingeschult werden als er, kein Kind wird hier in unserem Viertel zur Schule gehen. Ein paar Kinder gehen wohl auf die Montessorischule, die in relativer Nähe des Kindergartens und darum im Hauptwohngebiet vieler Kitafamilien liegt, eine große Gruppe wird auf die private konfessionelle (katholische) Schule gehen. Für uns war ein konfessioneller Kindergarten eine gute Sache, auch wenn es die Nachbarkonfession ist, aus der Schule würde ich das aber lieber raushalten. (Zumal es eben nicht unsere Konfession ist). Auch sehe ich nicht, warum ich für eine private katholische Schule (viel) Schulgeld zahlen und das Kind durch die ganze Stadt schicken soll, wenn ich eine hervorragende staatliche Regelschule (für die natürlich auch Kosten anfallen, aber geringere) nebenan habe. Er wird zu Fuß gehen können, er wird Klassenkameraden in der Nachbarschaft haben.
    Mit unserer Schule werden wir übrigens auch manchmal schräg angeguckt, weil sie als sehr anspruchsvoll gilt. (Uh, Eislaufmuttis!) Wie Ihr denke ich aber auch, dass sie für MEIN Kind das richtige ist und IHM die richtigen Angebote machen wird. (Praxiserprobung folgt.)
    Will sagen: Auch wenn man sich für die ganz normale Regelschule um die Ecke entscheidet, der man qua Wohnort zugeteilt ist, kann es passieren, dass das Kind dort ganz alleine hingeht.
    (Das einzige andere Kind aus unserer Straße, das mit ihm gegangen wäre, ist gerade umgezogen…)
    Aber wir haben schon bei der Schuleingangsuntersuchung einen sehr netten Jungen dort getroffen, der mein Kind von einer Nachmittagsaktivität kennt und jetzt Erstklässler dort ist. Auch geht ein Geschwisterkind seiner Kita dorthin und die Kita für ihn organisiert, dass dieses Kind in den Kindergarten kommt, unseren Sohn kennenlernt und ihm von der Schule erzählt. Er wird nicht lange allein sein, und auch alles weitere wird sich geben.
    (Ich habe übrigens das Gefühl, er wächst jetzt gerade aus dem (wirklich tollen) Kindergarten raus, und er freut sich riesig auf die Schule – und auch ganz konkret auf SEINE Schule.)

  • jules

    ich danke dir für den friedlichen ton deines eintrages. ich bin lehrerin an einer regelschule und liebe die arbeit mit den kindern. ich denke auch zu viel nach, besonders, seit ich mit dem kind wachse. sie besucht die montessorischule.

  • Marta

    Oh, so ein bekanntes Problem. Von eine Seite eine nah liegende Regelschule. Von andere Seite alle Ihre Freunde gehen auf die Waldorfschule – und somit auch viele Kinder aus dem Dorf. Wir leben in einem Dorf wo ein Steiner Einrichtung für seelenpflege-bedürftige Menschen leben und arbeiten. Mein Man ist Lehrer dort, ich habe da auch mal gearbeitet. Trotzdem waren wir nicht sicher…. Waldorfschule ist hier sehr elitär. Und so weit…wir haben zwar Fahrtgemeinschaften, aber….
    Dann hat sich aber meine Tochter so entwickelt und selbst in die Sicherheit reingewachsen das sie NUR und NUR auf die Waldorfschule geht! Sie liebt alles was diese Schule anbietet, sie ist von Angeboten bezaubert, sie weisst wo ihr Raum wird, welche Farben die Kissen haben und das es wunderschöne Bilder auf der tafel gibt. Sie weißt das es Chor, Orchester und Eurythmie gibt. Das sie Flöte spielen lernen kann und das ältere Geschwister von ihren Freundinen in höheren Klassen sind und ihr immer helfen werden…..
    Regelschule wollte sie sich gar nicht anschauen. Sie hat meine Schule gesehen (staatliche Förderschule) und meinte das es gut ist das ich da unterrichte, sonst wäre es für diese Kinder eine sehr traurige Schule….
    Was soll ich dazu sagen….ihr den Traum weg nehmen und politisch korrekt Regelschule wählen?
    Das könnte ich nicht. Ihr das Herz brechen, ihr den Traum von Schule wegnehmen….Sie hat sich diese Schule erträumt….und so darf es bleiben….

  • Jela

    Liebe Ramona, ich kann sehr gut nachfühlen, wie du dich fühlst. Wenn der Bauch nicht mehr zu hören ist, weil der Kopf alles ausgeschaltet hat aber selbst auch nur noch dröhnt vor lauter Gedanken. Diese Angst, es nicht richtig zu entscheiden. Der einzige Unterschied zu uns hier ist, dass um uns nicht geworben wird. Das Angebot an freien Schulen ist längst nicht ausreichend. Und so bewirbt man sich an den Schulen, bettelt, bittet, macht Zusagen und Versprechungen, usw. Wenn man sich überhaupt mal entschieden hat. Für viele, die das eigentlich gar nicht wollen, heißt es dann Regelschule. Hier mit zum Teil sechs neuen ersten Klassen und einem immer größer werdenden Lehrermangel…
    In einem Jahr stehen wir wieder vor dieser Entscheidung, gleich zwei Mal. Die Mittlere muss sich dann für eine weiterführende Schule entscheiden, bleibt aber bestimmt auf der Montessorischule. Für den Kleinen beginnt dann der Kampf um “seine” Schule.

    Ich drück euch die Daumen und bin sehr gespannt auf die Entscheidung!

    LG
    Jela

  • anitaswelt

    Hmm, ich wusste gar nicht, dass man bei Schulen wählen kann. Ich glaube, in der Schweiz ist das nicht so, da muss man wohl einfach auf die Regelschule. Da ich mich mit dem Thema aber noch nie näher befasst habe, kann es auch gut sein, dass ich schlicht nichts davon weiss. Ich werd mal nachfragen, bin gespannt, wie das hier geregelt ist.

  • Diana

    Liebe Ramona, ich kann Dich auch sehr gut verstehen.
    Das ist gar nicht einfach, ich bin da auch so eine hirngesteuerte Pädagogenmama.
    Ich bin Lehrerin in der Regelschule mit Montessoridiplom, hab vorher in einer Waldorfschule gearbeitet.
    Meine Kinder waren im Waldorfkiga und später die Kleinen im Montessorikinderhaus. Inzwischen ist ein Teil in der Montessorischule und ein Teil in der Regelschule.
    Meiner Meinung nach muss tatsächlich jedes Kind individuell gesehen werden. Auch innerhalb der Familie.
    Aber einfacher wäre es, wenn man einfach wo hingeht und gut…ich bin da im Laufe meines Lebens auch viel lockerer geworden…liebe Grüße Diana

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