Menschen und Begegnungen
Vor einigen Monaten fuhr in der Strassenbahn immer eine Frau mit. Sie ssieht aus wie eine Inderin, sehr schön, getönte Haut, schwarze Haare und ganz weiche Gesichtszüge. Sie hatte ein kleines Kind und war damals schwanger. Ich sah sie immer wieder und wir kamen mal ins Gespräch, weil sie schwer atment in der Bahn saß. Ich fragte sie damals, ob ich ihr helfen kann. Sie meinte, es seien nur Wehen von ihrer Schwangerschaft.
Dann habe ich die Frau ganz lange nicht mehr gesehen und sie schon aus meinem Kopf verdrängt. Heute war sie wieder in der Bahn. Mit einem Doppelkinderwagen, schwerem Gang und offensichtlichen Schmerzen bei jedem Schritt. Sie kam kurz ins Gespräch mit einem, den sie flüchtig kannte (sie bat ihn, ihr eine Fahrkarte am Automaten zu lösen, damit sie nicht durch die Bahn gehen musste). Im Laufe des wirklich kurzen Gesprächs stellte sich heraus, daß ihr Baby gerademal 2 Wochen alt ist und sie einen Kaiserschnitt hatte und ihr das etwas zu schaffen machte.
Ich war etwas schockiert. Sollte man zwei Wochen nach einem Kaiserschnitt (oder überhaupt einer Geburt) nicht eigentlich lieber daheim im Wochenbett liegen und sich schonen? Wieso musste sich diese Frau allein mit zwei Kindern und schweren Einkäufen durch die Stadt quälen? Ich fragte sie, ob sie denn niemanden hat, der ihr helfen kann. Dann begann sie zu erzählen, daß sie allein ist und beim Frauenarzt einen Termin hatte und noch einkaufen musste. Milch für das baby, weil sie keine Milch mehr hat. Sie muss abstillen. Sie versteht das gar nicht, weil ihren Sohn konnte sie 7 Monate lang stillen.
Es tut mir so leid, daß ich nichts für die Frau tun konnte. Eine andere Mama und ich haben ihr noch gesagt, daß sie auf jeden Fall Hilfe holen soll. Bei der Caritas oder Nachbarschaftshilfe im Ort. Wir haben ihr noch beim Aussteigen geholfen und den Busfahrer des anderen Buses gebeten, noch zu warten, bis sie eingestiegen war. Mit dem schweren Wagen. Allein. Nun denke ich immer wieder an diese Frau. Wie sie allein mit den beiden Kindern ist. Einem Kleinkind und einem Neugeborenen. 2 Wochen nach einem Kaiserschnitt. Ich hab so viel Mitgefühl für sie. Und fühl mich gleichzeitig so hilflos. Doch was hätte ich noch tun können?



0 Kommentare
Karin
Leider ist unsere Gesellschaft da im allgemeinen nicht so wirklich zuvorkommend das stimmt.
Ob Du da sonst noch was hättest tun können, fraglich.
Schön jedenfalls dass Du Mitgefühl gezeigt hast, das ehrt Dich sehr.
Caritas oder Krankenkasse ist schon mal keine schlechte Anlaufstelle, Familienhelferin oder so. Auch der Frauenarzt, Krankenhaus, Hebamme hätte da schon lange tätig werden können, meiner Meinung nach. Die Geburten sind ja im Mutterpass vermerkt, man sieht also , wenn die Frau mit Kaiserschnitt auch noch zusätzlich ein anderes kleines Kind versorgen muss.
Möglich wäre natürlich schon, dass die sehr große Anstrengung den Milchfluss versiegen lies. Aber gibt auch andere Gründe.
Wir hatten mit Daniel die erste Zeit sehr viele schwere Stunden, Milch hatte ich allerdings immer im Überfluss, trotz der Sorge, dem Stress und der Anstrengung. Meine Kinder sind auch nah zusammen.
Bei Rebecca hatte ich trotz Ruhe und Zeit deutlich weniger Milch. Ich denke, das Gefühl wenigstens mit der Muttermilch meinem Sohn helfen zu können, hat das ordentlich vorangetrieben.
Aber im allgemeinen macht mich Deine Darstellung der Frau doch sehr nachdenklich ,da fühl ich schon mit. Ich kenn das zur Genüge, geht mir mit Daniel seit 13 Jahren mit dem Rolli ebenso.
Hilfe kommt meist von Jugendlichen oder alten Menschen, denen ich gar keine Hilfe mehr zumuten möchte.
Liebe Grüße
Karin
Micha
Zunächst einmal finde ich es toll, dass doch einige Menschen Mitgefühl gezeigt haben und mit der Frau gesprochen haben (das ist nicht selbstverständlich). Ich bin sicher, du wirst ihr wieder begegnen und es wird sich vielleicht noch eine Gelegenheit ergeben ihr Hilfe anzubieten, wenn du das möchtest.
A.L.
Ich kenne das Gefühl helfen zu wollen.
Und ich glaube auch, das du mehr tun könntest, wenn sie es denn annehmen möchte.
Du könntest sie fragen, ob du mit ihr zusammen z.B. zur Caritas oder zu Pro familia gehen kannst. Oft sind ja auch sprachliche Barrieren das Problem, gerade beim Ausfüllen von Formularen usw.
Und vielleicht ist ihr auch nicht klar, dass zumindest in Deutschland jeder Mensch einen Anspruch auf ein gewisses Maß an Unterstützung hat. Ich denke gerade in Indien muss viel viel mehr Leid einfach ertragen werden.
Aber du solltest dich ganz ehrlich fragen, wie weit du mit deiner Hilfe gehen willst.
Das hört sich jetzt fies an, aber so meine ich es nicht.
Es gibt sooo viele Menschen, denen es schlechter geht als uns selbst, aber Hilfe ist nur sinnvoll, wenn man sie auch ganz ehrlich geben kann.
Soweit ich dich aus dem Blog kenne hast du selbst auch viel am Hals und du solltest dir vorher darüber im klaren sein, was du für die Frau tun kannst/möchtest und wo deine Grenze ist.
Kathrin
Das klingt nicht schön und würde mich ebenso wie dich sehr beschäftigen und traurig machen.
Hier in Dresden kann ich dir auf der Stelle drei Anlaufstellen nennen, wo Müttern/Vätern geholfen wird. Die Hauptadresse ist der Kaleb Verein Dresden. Ich habe im Netz gesehen, dass es auch in Schliengen (ist wohl bei Freiburg) eine Beratungsstelle gibt.
Nach kurze Recherche im Netz würde ich bei http://www.alfa-freiburg.org/hilfe.htm oder http://www.haus-des-lebens-freiburg.de nach Unterstützung fragen.
Vielleicht ergibt sich noch einmal die Gelegenheit und du kannst Ihr erneut deine Hilfe anbieten und wenn es nur um das Umsteigen geht. Hör auf dein Bauchgefühl.
LG
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